Vorwort
Wenn ich an das vergangene Jahr und hauptsächlich an die Schulverweigerung zurück denke, dann kann ich es noch immer nicht begreifen.
Es war die Hölle, aber wir hatten verdammtes Glück, dass wir eine Freie Schule in unserer Nähe – und somit einen einfachen Ausweg aus unserer Katastrophe hatten.
Wenn man an Schulverweigerung denkt, dann denkt man ans Schwänzen, an Kinder die Faul und dumm sind und / oder einfach keinen Bock haben.
Die sagen dann gegebenenfalls zu ihren Eltern: „Lass mich in Ruhe, ich will nicht.“ Die Eltern sagen „Ok“ und dann wars das. So denkt man doch, oder?
Schulverweigerung
Die Schulverweigerung unseres großen steigerte sich von Woche zu Woche.
Manchmal fing es erst Mittwoch morgens, vor dem losgehen an – manchmal aber auch schon am Sonntag Abend. Er verweigerte sich.
Und ich meine nicht, die „kein Bock Haltung“. Ich meine Verweigerung. Angst. Hilflosigkeit und Panik.
Schulverweigerung ist kein Schwänzen wollen!
Mit Absprache und Genehmigung von unserem Sohn, darf ich euch das Video zeigen. Dieses ist übrigens entstanden, weil selbst Olli nicht glauben konnte wie EXTREM es morgens ist. Es ist aus Schutz, für unseren Sohn ( in 10 Jahren zum Bsp. ) extrem bearbeitet und gekürzt.
Warum ich euch das zeige? (Ein wenig habe ich euch hier im Beitrag Schulverweigerung schon in der Grundschule erklärt.)
Aber vor allem, weil Schulverweigerer gehört werden müssen.
Weil man es sich nicht ansatzweise vorstellen kann, wie es ist, wenn man nicht selber in dieser Situation steckt.
Weil ich gegen Vorurteile angehen will.
Weil ich aufklären und somit eventuell etwas bewirken kann.
Es ist eben nicht immer die Schuld von uns Eltern, wenn sich Kinder verweigern. Natürlich ist das aber immer das erste Argument.
„Die Eltern können sich halt nicht durchsetzen. Alle andern schaffen es ja auch. Das Kind merkt doch, dass man mit der Schule selbst nicht sympathisiert
(was in den meisten Fällen aber erst aus der Situation resultiert, wenn man von dort keinerlei Unterstützung erhält).
Es ist nicht möglich ein Kind in diesem Zustand, der totalen Verweigerung zur Schule zu bringen, ohne körperliche oder Psychische Gewalt anzuwenden. Kinder haben aber nun mal ein Recht auf gewaltfreie Erziehung – zum Glück!
Schulverweigerung ist schlichtweg der Horror und man muss es sehen, um es zu verstehen, deshalb zeige ich dir einen Einblick in unsere Vergangenheit.
Das Video zeigt aber nur einen wirklich kurzen Ausschnitt dessen, was sich beinahe täglich bei uns abspielte.
***
Ich denke, viele können nun verstehen, wie mies es uns in den letzten Monaten ging. Und „mies“ ist wirklich milde ausgedrückt. Es musste eine Lösung her.
Still und heimlich litten wir, wir konnten damals nicht mal an die Öffentlichkeit, das habe ich im Beitrag warum ich alles wieder hervor hole beschrieben. Es ging eine ganze Zeit lang weder vor noch zurück. Die Freie Schule war eine Lösung, aber da konnten wir leider nicht so schnell wechseln, so wie in meinem Beitrag Bye Regelschule schon beschrieben.
Was hätte wir also tun können?
Krankmeldung
In unserem Bundesland (Niedersachsen) darf ich, als Mutter mein Kind 2 Tage lang selber krank melden. Danach müßten wir zum Arzt und ein Attest holen.
Da aber auch ein Kinderarzt, der kein Psychologe ist, meist keinerlei Erfahrung mit dieser Symptomatik hat, wird er nicht immer wieder krank schreiben (da die „Angst vor der Schule/Schülern“ keine Krankheit ist. Wäre es eine, könnte man Hausunterricht praktizieren). Was auch völlig in Ordnung ist, wenn Kinder einfach nur schwänzen wollen.
So kam es, dass wir schon in der ersten Klasse ein Bußgeld, für 6 Fehltage in Höhe von 50€ bekamen. Übrigens geht der Impuls immer von der jeweiligen Schulleitung aus.
Kinder und Jugend Psychologe (KJP)
Eine meiner ersten Anlaufstellen war der KJP, der schon unsere kleine getestet hat (Legasthenie & IQ). Daher wußte ich auch, das er einen unabhängigen Psychologischen „rundumcheck“ macht.
Da ich nichts zu verheimlichen hatte und diesem Arzt vertraue, war das kein Problem für mich. Eine Testung von einem beauftragten Amt wäre für mich nicht in Frage gekommen (warum erklärt sich im Laufe des Beitrages). Einzig, dass ich unserem Kind das Gefühl geben musste, ihn in eine Schublade zu stecken, und das mit ihm etwas nicht stimme, gab mir zu denken.
Allerdings mussten wir da durch, da wir nicht wußten, wann wir die Schule wechseln konnten oder einen anderen Ausweg finden.
§35A
Diagnostiziert der KJP den §35A hat man die Möglichkeit aus dem bekannten Schulsystem auszubrechen – da den Kindern eine seelische Behinderung und Eingliederungshilfe bescheinigt wird. Damit steht ihnen eine Privatschule, Internat oder sogar Heimunterricht zu. Allerdings ist dies ein langjähriger Kampf und es ist auch keine Garantie ob man es „durch bekommt“ oder nicht, da jeder Landkreis (Jugendamt) für sich entscheidet.
Jedenfalls war dies eine unserer Hoffnungen, damit er nicht mehr in diese Schule musste.
So eine Testung dauerte bei uns ca 2 Monate. Eine lange Zeit, wenn man eine Direktorin im Nacken hat, die einen gerne ein weiteres Bußgeld (und noch mehr) aufdrücken möchte. Eine Lange Zeit, wenn man ein Kind hat, welches es psychisch nur bis Mitte der Woche in die Schule schafft und man keinen anderen Ausweg sieht, als sein Kind aus der Schule zu nehmen.
Schulwechsel
Regelschule zu Regelschule
Dies war eine Möglichkeit, die wir in Betracht gezogen haben.
Allerdings dauert auch dies bis zu einigen Monaten. Kinder werden den Grundschulen via Einzugsgebiet eingeteilt. Daher hat man meist kaum eine Wahl, wenn es um die Regelgrundschule geht.
Will man von Grundschule zu Grundschule wechseln muss es meist einen Grund geben. Dann erst wird hospitiert. Wenn beide Schulen ihre Einwilligung aussprechen muss noch die Landesschulbehörde ihr Okay geben.
Da das Ämter sind, kann das mal schneller und mal langsamer gehen…
Hier auch ein Dokument vom Stadtelternrat Kasseln mit einer ganz genauen Erklärung
Auswandern
Wenn alle Stricke reißen, kannst du nur noch mit deinem Kind das Land verlassen. Dazu später mehr.
Schulpflicht
Mit der Schulpflicht habe ich mich zwischenzeitlich sehr vertraut gemacht und habe fast in meinen Laptop gekotzt.
Als ich herausfand, dass es die Schulgebäudepflicht nur in Deutschland gibt, war ich ja schon echt wütend. Da wird einem – schon immer- weißgemacht (Beispiel Englisch Unterricht) dass es in jedem Land so ist wie in Deutschland – und dann ist das nicht mal so.
In fast jedem Land ist homescooling erlaubt. In England (!) sogar Freilernen (das heißt, Kinder müssen gar nichts).
Gesetze
Rechtliche Sicherheit zu haben beruhigt ungemein, gerade bei so einem Thema wo man kaum bis gar nicht aufgeklärt wird.
Wer redet denn schon über Schulverweigerer? Das Schulsystem mit allen Rechten und Pflichten ist einfach … absolut unterirdisch habe ich festgestellt.
Wenn du Schimmel in der Wohnung hast, weißt du was du zu tun hast. Aber wenn dein Kind nicht in die Schule kann, dann zieht es dir den Boden unter den Füßen, wenn du erfährst, was nun alles bevorsteht.
- Bußgeld,.. haha ja… das kennen wir alle. Aber was kommt danach?
- Wusstest du, dass Dir das Sorgerecht entzogen werden kann?
- Das der Staat dein Kind monatelang in eine Psychiatrie einweisen kann, ohne das du etwas dagegen tun kannst?
- Das der Staat dich locker ins Gefängnis stecken kann, weil du nicht in der Lage bist, dein Kind in die Schule zu prügeln?
- Ist dir bewusst, dass die Schulpflicht über allem – sogar dem Schutz vor Gewalt steht? „Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates“ Quelle Wikipedia
Willkommen in der Realität; du hast, seit der Einschulung, keinerlei Rechte mehr an deinem Kind.
Ganz oft hatte ich morgens schon Angst, dass die Polizei mein Kind abholen wird um es zur Schule zu bringen. Und jedesmal stellte ich mir vor, wie sie ihn, in diesem Zustand (wie im Video) dazu hätten bringen können…
Anwalt
Ich hatte tierische Angst. Täglich. Vor einem neuen Nervenzusammenbruch. Vor der Polizei, vor dem Gesetz, vor mir.
Weil ich Angst hatte, habe ich mein Kind in den extrem Situationen auch mal erpresst, hab ihm gedroht, habe gefleht, wurde wirklich laut, habe geweint, und letztendlich hätte ich ihn zur Schule prügeln müssen, was ich aber niemals getan habe, dazu könnte mich kein Gesetz der Welt bringen. Eher gehe ich für die Schulverweigerung in Haft.
Ich habe in dieser Zeit mit dem Anwalt für Freilerner telefoniert, weil ich nicht abschätzen konnte, was alles passieren wird, bis bei uns alles zusammenbricht. Ich wollte schon vorher meine Möglichkeiten, unsere Rechte und aber auch Pflichten kennen.
Ich rechnete mit dem schlimmsten.
Die Fehltage häuften sich, die Angst wuchs stetig.
Es gibt Landkreise, dort wird sensibler mit Schulverweigerer umgegangen, aber nicht bei uns. Hier wird zum Wohle des Kindes das Sorgerecht entzogen und das Kind wird in ein Heim/Klapse gesteckt. Wahrscheinlich mit Tabletten vollgepumpt und hat sich der Gesellschaft zu fügen. Die Welt braucht doch dumme Konsumenten!
Wir jedenfalls begriffen sehr schnell, dass wir im falschen Landkreis wohnen, also mussten wir weg.
Oder wir mussten auf die Freie Schule. Was aber zum damaligen Zeitpunkt (August 2017) noch mindestens ein halbes Jahr gedauert hätte (also bis Februar 2018).
Ein halbes Jahr. Mit diesen Gesetzen. Mit diesem Druck und der Angst sein eigenes Kind aus den Händen gerissen zu bekommen.
Keiner kann helfen. Es wird Medial totgeschwiegen. Man hat sich an das System zu halten. Basta!
Freie Schule
Wie ihr ja nun schon länger wisst, konnten wir, durch das erklären unserer Situation, nun viel schneller wechseln als anfänglich gedacht. Das hat uns Zeit verschafft. Luft zum Atmen. Es sind ganze BERGE von unserem Herzen gefallen. Wir waren und wir sind einfach nur glücklich.
So viele von euch haben unseren Weg auf die Freie Schule begleitet. Ab dem Tag der Hospitation, bis hin zum Vertrag. Ihr habt euch mit uns gefreut, und das, wo ihr noch nicht mal wusstet was bei uns alles los war, was wir für Ängste aus zustehen hatte und wie es hier täglich ablief.
Ich bin euch wirklich so unendlich dankbar für euren Rückhalt. Euren Zuspruch, das tat in der Zeit wirklich mehr als gut.
Auswandern
Hätte es mit der Freien Schule nicht geklappt, wären wir nun schon nicht mehr hier.
Wir würden irgendwo am Strand sitzen.
In einem fremden Land.
Wir würden finanziell bestimmt beschissen dastehen. Und wir hätten kein richtiges Zuhause mehr; wir hätten alles aufgegeben, verkaufen und verlassen müssen, aber wir wären Sicher und glücklich gewesen.
Und das ist das weltentdecker in Metterschling und Maulwurfn. Wir werden auf Weltreise gehen, aber wir haben nun Zeit.
Aus der Not heraus wurde diese Idee damals geboren, nun ist sie zu einer Leidenschaft von uns geworden. Und das werden wir auf jeden Fall in den nächsten Jahren umsetzen. Weil wir es jetzt können. Ohne Angst, ohne Flucht. Mit Unterstützung.
Katharina von Nelefees says
Wahnsinn! Davon hatte ich wirklich keine Ahnung! Das tut mir so leid! Hast du dich damit mal an die großen Medien gewendet?
Nancy says
Nein, auch weil wir überhaupt keine Kraft hatten. Jetzt sind wir (vor allem auch unser Großer) soweit, dass wir drüber stehen können. Und etwas bewirken wollen.
Christine says
Hallo Nancy,
Danke, dass du den Mut aufbringst und deine Erfahrungen mit der Welt teilst. Ich kann diese ganze Schulverweigerung nachvollziehen. Ich habe am eigenen Leib erfahren, wie hart es ist, die Schule verweigern zu müssen (!), einfach weil aus meiner damaligen Perspektive einer 14jährigen, nichts mehr ging. Ich bin den Weg gegangen, endlose Gespräche mit meinen Eltern und schließlich der Schulleitung zu führen. Mit dem Ergebnis, ich solle mich zusammenreißen. Es sei doch alles gar nicht so schlimm mit dem Mobbing (damals noch ein Fremdwort an Schulen), Jugendliche seien eben so. Am liebst würde ich mich heute schützend neben mein gebeuteltes Ich von damals stellen und denen mal ein paar Takte erzählen. Ich hab schließlich resigniert, mich irgendwie wieder aufgerafft und hab versucht, die anderen so gut es geht zu ignorieren. Ich war froh, als ich endlich meinen Abschluss in der Tasche hatte, aber mit den psychischen Nachwirkungen hatte ich noch jahrelang zu kämpfen. Der zerstörerisch Effekt von Mobbing wird eben noch immer unterschätzt. Aber ich kann rückblickend sagen, dass es mich stärker und belastbarer gemacht hat. Fiesen Menschen kann ich heute nur ins Gesicht lachen.
Die andere Perspektive der Schulverweigerung habe ich durch meinen Bruder mitbekommen. Dem wurde schon früh ADS bescheinigt, aber aus heutiger Sicht weiß ich, dass er eigentlich eine Form von Asperger hat. Ritalin hat er sehr schnell verweigert, weil es seinen Kopf weich mache. Meine Mutter hat ihm das zugestanden. Leider war ihr Kampfgeist nicht stark genug (ohne Vorwurf, denn sie hatte ja auch noch mit mir und meiner Schwester zu tun), sodass nach vielen Tragödien mein intelligenter Bruder, der sich einfach nur nicht für den Kram in der Schule interessiert hat und vielleicht auch nicht aufpassen konnte, – dass er schließlich auf einer Sonderschule eingewiesen (Ja, was anderes kann man das kaum nennen) wurde. Dort hat er sich noch mehr gelangweilt und war auch noch von Schülern und Lehrern umgeben, die zuerst die Aggressive Art zeigten und gleich drohten. Drohbriefe von Behörden und dergleichen hat meine Mutter auch zur Genüge erhalten. Aber was will man machen, wenn dein Sohn sich partout mit Händen und Füßen und Gegenstandwerfen und ins Badezimmereinschließen und mit Rotz und Wasser weigert, in die Schule zu gehen?! Das ist wahre Panik und Angst, die sich da zeigte. Selbst das Drohmittel Polizei hat nicht bei ihm gefruchtet. Er wollte sich dem nicht stellen. Und er hat einen unglaublichen Dickschädel, wenn es nicht so läuft, wie er will. Tja, nun ist er schon 26, hat keinen Schulabschluss, keine Berufsausbildung, lebt noch bei Mama, züchtet Enten und Hühner und hat dennoch jetzt einen Job angeboten bekommen. Irgendwie geht es immer. Nur vielleicht nicht so, wie man es wollte.
Ich finde es toll, dass ihr so gekämpft und eine Alternative für euch alle gefunden habt. Es hat sich gelohnt, der anstrengende Kampf, oder? Ähnlich wie Bergsteigen. Ich freue mich für euch. 😊
Kathi Keinstein says
Meine jüngste Schwester hat ebenfalls verweigert…vor 12 Jahren ab etwa der 6. Klasse im Gymnasium in NRW. Ich war damals schon am Studieren und habe selbst gerade das Nest verlassen. Damals konnte meine Schwester in der Nähe des Elternhauses eine ambulante therapeutische Massnahme besuchen, was ihr und meinen Eltern meineswissens bis zum Ende der Schulpflicht aus der ärgsten Klemme geholfen hat. Das Drama damals hat allerdings noch viele Jahre lang an meinen Eltern gezehrt, zumal meine Schwester dann einen ziemlich steinigen, umwegreichen „Bildungsweg“ gegangen ist. Den hat sie schlussendlich aber gemeistert: Vor zwei Tagen hat sie ihre Lehrabschlussprüfung zur Kauffrau für Büromanagement bestanden :). Verliert also den Mut nicht – auch diese Kinder finden ihren Weg, selbst wenn der etwas länger und kurvenreicher ist als man ihn auf der idealisierten Landkarte des Lebens gerne einzeichnet!
Mond Madame says
Das Video ist echt krass. danke fürs Teilen. Und so gut, dass ihr eine Lösung für euch gefunden habt.
Petra Prey says
Hallo Nancy,
auch mir tut es sehr leid, dass Du so kämpfen musst, kann Dich aber so gut verstehen!
Ich bin 56 Jahre alt, seit 19 Jahren verheiratet und habe zwei Kinder, Sohn 17 (wird im März 18) und Tochter 19 Jahre (ist sie heute geworden ;-))
Von Geburt an bis heute hatten wir mit unseren beiden Kindern nur Sorgen, Traurigkeit, Kämpfe und Ängste.
Hatten unendlich viele Arzt und Psychologen Termine, Gespräche, die Kinder hatten Tagesklinik Aufenthalte. Beide haben eine auditive Wahrnehmungsstörung, unser Sohn hat zum Teil ADHS und Asperger Autismus diagnostiziert bekommen, wobei auch viele glauben, dass es es nicht hat.
Beide Kinder verletzen sich selbst-bis heute, haben aber KEINE Borderline-Störung. Es sind seelische Schmerzen…
Unsere Kinder konnten schon vor ihrer Einschulung lesen und die Schule viel ihnen eigentlich sehr leicht. Unser Sohn hat eine Klasse übersprungen, kam aber im sozialen Bereich nicht hinterher. Im schulischen Bereich war es bei beiden super, im Schriftlichen besser als im Mündlichen. In der weiterführenden Schule fing unser Sohn an, den Unterricht zu verweigern, da er von zwei Schülern gemobbt wurde, weil er „dumm“ wäre und warum er eine Klasse weiter ist! Leider hat er es uns erst spät erzählt.
Da es mit Ignoranz nicht klappte, hat sich unser Sohn mit dem einem der Schüler handgreiflich angelegt. Beide bekamen eine Strafe, aber die Lehrerin gab unserem Sohn Recht, da die Schüler nicht aufhörten.
Danach hatte er keine Probleme mehr mit den Schülern!
Aber verweigert hat er den Unterricht trotzdem, er war zwei Jahre Passiv-Verweigerer und wenn es zu extrem für ihn wurde, hat er den Unterricht verlassen und ist nach Hause gegangen. Einmal war es heftig, da er nicht auffindbar war, dass fast die Polizei eingeschaltet werden musste.
Dann fing unsere Sohn an, sich die Haare herauszureißen, wobei eine längere Therapie nötig war.
Eine Zeit hatte er sogar angedeutet, dass es besser wäre, wenn er nicht mehr da ist, damit wir keinen Ärger und Kummer mehr mit ihm haben!
Mein Mann und ich haben eine extreme Leidenszeit hinter uns, sogar einen Therapeuten aufgesucht, der uns als Paar unterstützte, mit der Situation klar zu kommen.
Die Kinder waren auf derselben Schule. Ich muss sagen, es war eine tolle Schule mit einsatzbereiten Lehrern, haben sogar anstandslos bei Tagesklinik-Gesprächen am runden Tisch teilgenommen, hatten unsere Kinder verstanden und haben sich für die beiden super eingesetzt, da hatten wir schon Glück gehabt!
Leider flüchten unsere Kids sich zwecks Ablenkung oftmals in die Computerwelt…
Unsere Tochter dagegen hatte sich zwar tapfer durch die Schulzeit durchgeboxt bis zur 8. Klasse. In der 9. Klasse fing sie an, die Schule zu verweigern, da sie nie so akzeptiert wurde, wie sie ist, hat darum gekämpft, sich so zu verhalten, wie die Lehrer es wünschten, indem sie sich mündlich mehr beteiligt. Aber sie war es leid, weil sie nicht mehr konnte.
In unseren Elternherzen tat es unglaublich weh, unsere Kinder so leiden zu sehen.
Beide Kinder haben eine seelische „Behinderung“ (ein doofes Wort dafür!).
Wir hatten sogar das Jugendamt eingeschaltet und für unsere Kinder eine tolle Betreuung bekommen. Und noch heute fragen wir uns, was brauchen unsere Kinder?
Ich bin zu dem Ergebnis gekommen: Wir haben zwei tolle, intelligente, gut erzogene (manchmal auch durch die gegebenen Umstände zu verwöhnt) Kinder, die nicht in die Norm der Gesellschaft passen und sie sind etwas Besonderes!
Leider werden sie, aufgrund ihrer Andersartigkeit, ab und zu auch von der Gesellschaft ausgegrenzt!
Unsere Tochter ist seit letztem Jahr im betreuten Wohnen, hatte es auf Anraten ihrer Betreuerin durchgesetzt und es scheint ihr gut zu tun und ich glaube, dass ihr Verhältnis zu uns sehr gut ist, da sie uns oft besucht, auch aufgrund ihrer Termine, die ja bei uns im Ort statt finden.
Unser Sohn hat seit letztem Jahr Dezember einen Mini-Job, worüber wir auch froh sind, weil er sich kaum etwas zutraute, auch teilweise bequem ist und viel gezockt hatte.
Nun kommt der nächste Schritt auf sie zu, indem sie eine Ausbildung finden müssen.
Bei unseren Kindern lief es die ganzen Jahre alles anders als normal, bis heute und es war ein extremer Leidensweg für uns alle mit sehr viel vergossenen Tränen!
Es gibt eine Menge von „Besonderen Kindern“. Es wäre schön, wenn es z.B. eine spezielle Schule geben würde, wo diese Kinder aufgefangen und individuell gefördert werden können! Und vielleicht wäre es ratsam auf den „normalen Schulen“ eine soziale Stunde einzuplanen, dass über besonderen Kinder gesprochen wird, der Umgang mit ihnen und mehr Anti-Mobbing-Themen, dass es falsch ist, Menschen nach ihrem Aussehen und ihrer Andersartigkeit zu beurteilen, auch wenn einige Kinder es von zu Hause von den Eltern vermittelt bekommen haben. Durch Verurteilungen, Hänseleien, Verachtung folgen Ausgrenzung und Mobbing!
Mein Einsatz, Kraft, Geduld und Durchhaltevermögen hat sich trotzdem bewährt und ich mache weiter und gebe nie auf! Kämpfen lohnt sich auf jeden Fall!
Dir, liebe Nancy, wünsche ich viel Kraft und Freude mit Deinen Kindern und alles Gute für die Zukunft!
Herzliche Grüße
Petra Prey