Über Hochsensibilität habe ich schon einmal vor längerer Zeit geschrieben. Ich hatte Dir erzählt, dass Ich endlich herausgefunden habe, dass ich Hochsensibel bin und bis Dato jahrelang, jahrZEHNTElang dachte, ich sei „hier falsch“ und auch, dass ich annehme, einige meiner Kinder wären es.
Über ADHS hatte ich ähnliches geschrieben. Rückblickend war mir so vieles bewusst geworden.
Ich konnte mich noch nie wirklich gut konzentrieren AUSSER bei Sachen, für die ich brannte. Meine Schullaufbahn über habe ich auswendig gelernt, denn mir wurden zu viele Fragen nicht beantwortet, so streikte mein Hirn es zu verstehen. Internet, zum mal schnell recherchieren gab es damals noch nicht, und in die Bücherei gehen, war mit 14, 15 echt uncool. Also machte ich das, was alle taten: ich lernte es bis zur Arbeit auswendig, danach war es „gelöscht“.
Ich habe zum Bsp. 3 Jahre Französisch gelernt. In Zeugnissen hatte ich immer eine 2. Ich kann heute nur den einen Satz … aus dem Lied…
Bruchrechnung hab ich gehasst, niemand hat es mir richtig erklärt. Dafür habe ich Prozentrechnung geliebt, weil ich es einfach verstand – im Gegensatz zum Großteil meiner Mitschüler.
Ich konnte meinen Lehrer zuhören, während ich mit meinem Sitzpartner quatschte, in meiner Federmappe kramte und mit den Beinen „zappelte“. Fragen, was sie denn gerade sagten, konnte ich immer, zum ärgerniss erstaunen meiner Lehrer, beantworten.
Beim „scheiße“ bauen, spürte ich immer, wann ich weg musste, die die zurückblieben, mussten es ausbaden #sorry.
Ich dachte schon immer in mehreren Ebenen, über „Gott und die Welt“ über „dies und das“ und „jenes und welches“ und auch, „was ich heute essen werde“ und „wann ich wohl mit meinen Hausaufgaben fertig bin, um mich mit meinen Freunden zu treffen“. Auch heute mache ich noch 5 Sachen gleichzeitig. Immer. Ich kann zum Bsp. nicht nur diesen Blogbeitrag schreiben.
Ich stellte deshalb aber auch zu viele Fragen, die mir kaum einer vollständig beantworteten wollte, weil ich nerve.
Mein Opa allerdings, ich gehe davon aus, dass er nicht nur hochbegabt sondern auch hochsensibel war, er konnte mich fordern. Er erkannte wohl schon sehr früh, dass ich Input brauchte. Nicht nur, dass er mich bei Kaffee und Kuchen nach dem Einmaleins fragte, danach sind wir in seine Werkstatt und haben immer irgendwas gebaut. Eine Schaukel, Stelzen, ein Drachen und noch so vieles mehr. Oder wir waren in der Natur, wo er mir wieder viel Input lieferte.
Ich konnte in Wald und Feld rennen und er rief mir Vogelnamen zu, die ich den Tieren zuordnen musste, oder fragte mich nach den Baumnamen, die wir kurze Zeit vorher durch genommen hatten.
Er verstand fühlte, wie wichtig es für mich ist, dass ich mich beim lernen bewegen muss.
Noch viel früher als ich es wusste.
Ich wurde als Kind ständig ermahnt ruhig zu sitzen. Mir wurde vorgeworfen ich sei Altklug und eine Besserwisserin. Ich fragte zu viel und interessierte mich nicht für die selben Dinge, wie die anderen Kinder. Ich wurde als Dumm abgestempelt, weil ich nicht über Ostfriesen Witze lachte. Und wurde komisch angeschaut, wenn ich von meinen Gedankengängen erzählte, wie man zum Bsp Morde aufklären könnte, wenn man doch nur einen Helm erfinden würde, der die letzte Stunde im Gehirn abrufen konnte. Durch Stromstöße würde das sicher gehen. Da war ich 5. Ich wollte die Welt verbessern.
Auch glaubte mir meine Mutter nie, wenn ich sagte „morgen wird es regnen.“ Es regnete … obwohl der Wetterdienst etwas anderes sagte. Ich spürte es einfach.
Ich lernte früh, dass ich meine Klappe halten muss, nicht nur, weil man mir ständig sagte, ich soll doch endlich mal ruhig sein, sondern auch, weil ich merkte, dass man mich nicht verstand – oder wollte, weil Erwachsene sich nicht von Kindern bevormunden lassen.
Ich ordnete mich unter und spielte mit gleichaltrigen, lachte über deren Witze und war beim Fußballspielen glücklich, obwohl ich es hasste, weil es in meinen Augen Zeitverschwendung war.
Ich wusste: ich gehöre hier nicht her und wenn ich groß bin, geh ich weg. Weit weg. ich wollte die Welt entdecken, in einem ausgebauten LKW. Da war ich 7.
Ich konnte es keinem Recht machen (außer Oma & Opa) und wurde immer als komisch, hyperaktiv, dumm und/oder besserwisserisch abgestempelt #wasdennnun
Heute
Und nun lese ich das Buch die fantastische Welt der Hochbegabten und Hochsensiblen diesen Satz:
Wenn deine Gedankenwelt schnell ist, ist es auch dein Körper.
Und es ergibt alles einen (neuen) Sinn.
Und ich stelle mir die Frage: Wieviel hat ADHS mit Hochsensibilität zu tun?
Es gibt so viele Gegner, die sagen ADHS gibt es nicht, ich war bis vor kurzem absolut davon überzeugt, dass sie nicht Recht haben können, weil auch viel Mist erzählt wird, aber nun…
Ich werde mir nun etliche Feinde machen, aber das ist mir egal, denn es geht mir um die Kinder, die nicht glücklich sind, solange sie nicht wissen, was sie für eine Gabe haben. Denn ADHS steht unter keinem guten Stern. Sagt man, dass sein Kind ADHS hat, dann gucken die meisten mit viel Mitleid auf das Kind und das Kind merkt natürlich:
Es ist anders. Es ist schlecht. Es muss sich verstellen.
Und das tut man, denn man will, man muss dazugehören. Deshalb schreibe ich jetzt:
ADHS gibt es, ganz bestimmt sogar,
aber es werden so viele Kinder mit Medikamenten zu gedröhnt,
damit ihr ungefiltertes Hirn nicht mehr richtig funktionieren kann!
Hochsensibilität ist, genau wie ADHS, eine „fehl“funktion des Hirns: Informationen werden ungefiltert durchgelassen. Das hat, als Kind, aber eben auch als Erwachsener (der nie gelernt hat damit umzugehen) den Effekt, dass man schneller und leichter überfordert ist – dies äußert sich dann in Aggressionen, Weinen oder Flucht.
Stell dir doch mal vor, du nimmst, wenn du in die Stadt gehst, dies ALLES innerhalb einer Sekunde – in jeder Sekunde – wahr:
- Die Frau, die ihr Kind zurechtweist, die Mimik des Kindes, und dein Gedanke, was es als nächstes machen wird
- die SALE! Schilder (warum machen die schon wieder zu?)
- die Menschengruppe die über „die Dicke da“ lästert (Arschlöcher!) und du dich darüber aufregst
- den Geruch des Waffelstandes, was lecker riecht, aber du was anderes essen möchtest (oder doch nicht?)
- die Musik der 5 Geschäfte, mit jeweils anderer Musik
- dem Obdachlosen (wo du dir Gedanken machst, warum es soweit gekommen ist und du analysiert gleichzeitig, ob es bei dir auch so hätte kommen können)
- achtest auf jede Bewegung deiner Kinder und deines Mannes (um frühzeitig einzugreifen -denn es kann ja immer etwas passieren)
- beobachtest das Auto, was komisch und zu nah an der Innenstadtgrenze wendet (warum fährt das hier?)
- überlegst, ob du dir heute endlich die Schuhe kaufst (oder nicht, oder doch) / ….
Manchmal schau ich Leute an und sehe: sie denken an nichts. Und es ist mir unverständlich, denn ich löse meine Probleme sogar in meinen Träumen. Ich beneide das, aber ich kann es nicht nachvollziehen, denn ich kann nicht „an nichts denken“.
Das Gehirn eines Hochsensiblen ist immer unter Strom, und wenn man nicht weiß, wie man damit umgehen muss – weil man mit Hilfe von Medikamenten versucht hat das abzuschwächen (den Filter drauf gesetzt hat) dann lernt man nie damit umzugehen, man rastet beim „kleinsten Ding“ aus. Und dein Gegenüber sieht nicht, womit du eigentlich gerade noch beschäftigt bist. Es ist ein Teufelskreis.
Ich sage nicht, dass es kein ADHS gibt, denn auch ich kenne das Problem der Konzentrationsschwäche bei Dingen die einen nicht interessieren, sowohl bei mir, als auch bei meinen Kindern, ABER(!) wenn man manches mal anders an die Sache ran geht, dann kann einem, in vielen Fällen, bestimmt auch ohne Medikamente geholfen werden.
Manchmal reicht schon ein Kaugummi im Mund oder ein Ball unter den Füßen, um die Konzentration des Kindes (oder von sich) zu steigern. Denn, wie ich schon sagte, wer schnell denkt, bewegt sich auch schnell. Du willst gar nicht wissen, wie oft ich meine Position beim schreiben ändere. Meine Lehrer würden auch heutzutage noch mit mir wahnsinnig werden.
Und wer sich nicht bewegen darf, hat kein Ventil – außer der Verweigerung, manchmal auch die Aggression, oder man ist geistig abwesend, indem man im Gedanken “ im Wald tobt und klettert“.
Seit ich anders über die Sache denke, bekommen meine beiden diagnostizierten ADHS’ler keine Medikamente mehr (bzw nur noch ein Minimum für die Schulzeit), denn ich versuche andere Wege zu gehen, mehr zu verstehen, denn trotz, das sie – wie ich – hochsensibel sind, haben sie teils andere Merkmale (die auch ich zu verstehen lernen muss). Ich hätte mir gewünscht, dass das Thema Hochsensibilität noch viel mehr in den Medien ist, dann hätte ich damals wahrscheinlich auch schon anders darüber gedacht.
Wir sollten uns und unsere Mitmenschen doch einfach mehr vertrauen und uns so nehmen wie wir sind.
Für mich ist ADHS nur noch eine Konzentrationsschwäche.
Wie siehst du das?
Kaffeetante says
Oh man irgendwie finde ich mich grad in deinem Artikel wieder. Manche Menschen können gut mit mir umgehen andere verstehen mich gar nicht. Ich muss oft aufpassen, dass ich meine Gedanken nicht zu schnell aussprech. Sonst sind die anderen noch beim alten Thema aber ich schon bei einem anderen. Wenn ich unterwegs bin sehe ich bei meinen Mitmenschen Sachen die anderen natürlich nicht auffallen. Da heisst es oft, “was du alles siehst“.
Auch meine Schulzeit war Stress für mich und meine Eltern. Ich musste auch immer malen, kritzeln, zappeln während dem Unterricht. Ich war auf der Hauptschule, obwohl ich in der richtigen Lernumgebung locker das Abitur geschafft hätte.
Mein Sohn hat ADS, das mit dem Kaugummi werde ich ihn mal testen lassen, vielleicht geht es so einfacher. Medis bekommt er grad keine, davor auch nur in der Schulzeit. Haben letztens wieder angefangen gehabt und er sagte mir das er sich verarscht vorkommt von den Tabletten.
Tanja says
Ich denke ADHS gibt es nicht wirklich… außer für den,der daran Geld verdient.
ich selbst kann besser lernen,wenn ich auf dem harten Fußboden liege (bin BorderlinePatient, d.h.ich verliere oft den Bezug zu mir und muss ihn künstlich wieder her stellen), weil ich da besser bei mir bin. Wenn ich mich aufrege,renne ich weg,bis ich wieder weiß,wo oben und unten ist,erst DANN kann ich vernünftig diskutieren. Ich bin gern unterwegs,bewege mich und musste lernen,auch Ruhe und stille zu genießen.
zu viel- egal von was- ängstigt mich. Ich komme schlecht mit menschlicher Nähe zurecht und Gefühle gehen gar nicht. Ich wurde auch mit Medikamenten eingestellt,die ich alle selbst abgesetzt habe,bringt nix,denn wenn man in sich selbst gefangen ist, ist man nicht mehr man selbst. So auch- meine Meinung- bei ADHS : jemanden durch Medikamente künstlich „zur Ruhe“ zwingen ist sinnlos,aber jemanden dabei helfen,sich selbst zu helfen ist doch wesentlich effektiver. Sog „skills“ zu erlernen (dein Beispiel mit dem Ball) bringt auf Dauer einen gesünderen,wachen Geist zum Vorschein. Man muss verstehen WOLLEN um verstehen zu können. Und nur weil ein mensch Probleme hat,sich zu konzentrieren oder ruhig zu sitzen,ist es kein ADHS, dann hat er vielleicht einfach noch nicht den passenden weg gefunden.
LG
Vanny says
Ein sehr guter Artikel. Ich kenne all diese Schilderungen. Habe vor 4 Jahren zufällig einen Artikel über Hochsensible gelesen und mich dort sofort wieder gefunden. Und wusste endlich warum ich als Kind so anders war und mich immer gefühlt habe als würde ich nicht auf diese Welt gehören. Endlich konnte ich mit meinem Innenleben klar kommen. Meine Ressourcen nutzen und mich in den passenden Momenten zurück ziehen. Das Problem ist nur das ich einen Sohn habe der jetzt 8 Jahre alt ist und er die selben Symptome und Probleme hat wie ich damals als ich in seinem Alter war. Nur das er viel Impulsiver ist und eine mangelnde Frustationstoleranz hat. Von einer Heilpädagogin bekam er schon im Alter von 4 Jahren die Diagnose Adhs in Aussicht gestellt, ich sollte ihn sofort Psychologisch untersuchen lassen und gleich unter Ritalin setzen lassen. Ich konnte mich am Anfang nicht mit dieser Diagnose abfinden und alles reden das er sehr sensibel ist wurde als ein Charakterzug von Adhs abgeschmettert. Er wurde erst mit 7 eingeschult, weil er nicht als schulfähig eingeschätzt wurde. Er bekam eine Integrationskraft im Kindergarten und Heilpädagogische und Sozialpädagogische Hilfe. In der Zeit wurde auch ein Psychiater aufgesucht um testen zu lassen was er hat. Bei der zweiten Stunde und der Verweigerung der Mitarbeit wurde wieder Adhs diagnostiziert, durch dies verunsichert suchten wir einen anderen Psychiater. Er wurde eingeschult, ein Zirkusprojekt mit 400 Schülern fand 3 Wochen später statt und er drehte völlig durch. Kurz vor Weihnachten stand er kurz vor dem Schulverweis. Erneut waren wir in Psyatrischen Behandlung in einer Tagesklinik. Dort wurde ihm nach 3 Monaten Testung Adhs und emotionale Störung diagnostiziert, dies wird mit Elvanse 40 mg behandelt. Nun kommt er in der Schule besser klar. Er hat nun die erste Klasse bestanden, aber wenn er keine Lust am Unterricht hat fängt er an zu basteln und nimmt so nicht am Unterricht teil. Wir wollten erneut eine Integrationskraft beantragen. Dies wurde von dem Jugendamt abelehnt. Jetzt müssen wir zum Heilpädagogen der keinerlei Interesse hat mit uns als Eltern zu kommunizieren. Was ich bei dem Thema Adhs und Hochsensiblität festgestellt habe ist. Das die Fraktion Adhs die Hochsensiblität nicht anerkennt, oder als Begleiterscheinung abtut. Und die Hochsensible Fraktion behauptet meist das es kein Adhs gibt und die Kinder nur mit Tabletten ruhig gestellt werden. Ich bin nun für mich zu dem Ergebnis gekommen das ich Hochsensibel bin und mein Sohn Adhs hat und Hochsensibel ist (da Adhs vom Vater und das Hochsensibel von der Mutter vererbt wurde). Es ist mir nun egal was Psychologen dazu sagen, ich würde mir nur wünschen das beide Fraktionen sich gegenseitig akzeptieren und jeden Menschen individuell sehen und fördern. Mit freundlichen Grüßen Vanny